Hohenloher Sagen
32 2022-03
MORITZ
Eng verknüpft mit den Burgen und
Schlössern im hohenloher Land und der
Umgebung sind die regionalen Sagen und
Legenden, die nicht selten einen unheimlichen
Einschlag haben: Geister, Teufelspakte
und wilde Heere tummeln sich in
den Geschichten der Region.
Besonders in den zwölf Rauhnächten zwischen dem 25. Dezember
und dem 6. Januar, den längsten und oft auch kältesten Nächten
des Jahres, tummeln sich der Sage nach in Hohenlohe die Geister.
In dieser Zeit soll die Barriere zwischen dem Reich der Lebenden
und der Toten besonders schwach sein. Einer beliebten Geschichte
aus Vorbachzimmern zufolge tauchen dort in den Rauhnächten vier
geisterhafte Kartenspieler auf. Und nicht nur in Hohenlohe erzählt
man sich Legenden vom »wilden Heer«, einer ganzen Schar von
Geistern, die auf Pferdeskeletten über die Ebene reiten. Angeführt
wird diese untote Reiterei der Sage nach vom germanischen Kriegsgott
Wodan bzw. Wotan (in der nordischen Mythologie besser bekannt
als Odin) persönlich. In vielen Orten der Region wie Niedernhall,
Neunkirchen oder Zweiflingen war der Glaube an das »wilde
Heer« nicht nur verbreitet, eine Sichtung wurde auch als schlechtes
Omen gedeutet.
Nicht minder legendär, aber deutlich freundlicher ist der Haalgeist
(»Hoolgaascht« auf Hohenlohisch), der einen festen Platz in den
Traditionen von Schwäbisch Hall hat. Der Haalgeist gilt als Hüter
der Salzquelle, auf der der Reichtum von Schwäbisch Hall ursprünglich
beruhte und ist somit eine wichtige und beliebte Sagenfigur.
Noch heute wird in Schwäbisch Hall das Hoolgaaschtfest zu seinen
Ehren gefeiert.
Nicht nur Geister tummeln sich in den hohenloher Sagen und
Legenden, auch der Leibhaftige persönlich taucht das eine oder
andere Mal auf. Besonderer Beliebtheit erfreut sich die Geschichte
der Waldenburger Fastnacht. Bei diesem Ereignis auf Schloss Waldenburg,
bei dem sich die weiblichen Gäste als Engel und die
männlichen als Teufel verkleideten, soll auch der tatsächliche Teufel
der Einladung des Schlossherrn gefolgt sein, um anschließend für
den Ausbruch eines großen Feuers zu sorgen.
Eine andere Legende berichtet von einem armen Soldaten, der im
Jahr 1684 im Weiler Kubach aus Geldgier einen Pakt mit dem Teufel
geschlossen haben soll. Nachdem er das ganze geborgte Geld verprasst
und versoffen hatte und nicht in der Lage war, dem Teufel
den geliehenen Betrag zurückzuzahlen, verlangte dieser als Ausgleich
nicht nur das Leben, sondern auch die Seele des Soldaten.
Ein »höllisches Raubtier« soll ihn durch die Luft davongetragen haben,
lediglich seine Kleider und Besitztümer fand man in den Nachbarorten.
Erst eine Woche später wurde sein nackter Leichnam im
Kocher gefunden.
Nicht alle Sagen der Region sind allerdings derart finster. Ähnlich
wie die Stadt Schwäbisch Hall verfügt auch Crailsheim über eine
identitätsstiftende Sage, von der sich umgangssprachliche Bezeichnung
für Crailsheim, »Horaffenstadt«, ableitet. Während des Süddeutschen
Städtekrieges kam es zum Jahreswechsel 1379/80 zur
Belagerung der Stadt Crailsheim durch die miteinander verbündeten
Reichsstädte Hall, Rothenburg und Dinkelsbühl. Um die monatelange
Belagerung zu beenden und nicht verhungern zu müssen,
griffen die Crailsheimer auf eine List zurück. Aus dem wenigen noch
vorhandenen Mehl backten die Frauen von Crailsheim die als
»Horaffen« (von »Horn offen«) bekannten Backwerke und warfen
sie über die Mauer. Zudem zeigte die Frau des Bürgermeisters ihr
fülliges nacktes Hinterteil. Die Belagerer glaubten nun, dass die
Crailsheimer noch über genügend Lebensmittel verfügten und
zogen entmutigt ab. Andreas Wolf/Norbert Frank
Burgen, Schlösser & Ruinen