Freiwiligendienste & Soziale Berufe
Was sind die positiven Seiten der
Pflege?
Oh, da gibt es sehr viele: die Weiterentwicklungsmöglichkeiten
in der
Pflege werden ärgerlicherweise in der
medialen Berichterstattung ignoriert.
Nach der Ausbildung gibt es ein großes
Möglichkeitsfeld von der Fortbildung
bis hin zum Studium z.B. in der Pflegepädagogik
oder Pflegewissenschaft:
Die Türen sind offen, in jede Richtung.
Darüber hinaus ist der Berufsalltag sehr
abwechslungsreich. Kein Tag ist wie
der andere. Wer abwechslungsreiche
Herausforderungen in engem Kontakt
mit Menschen sucht, ist hier genau
richtig. Die Dankbarkeit der Patienten
ist ein weiterer wesentlicher Faktor.
Täglich erleben zu dürfen, wie durch
unsere professionelle Hilfe Menschen
gesunden bzw. ihre Lebensqualität ein
Stück verbessert werden kann, ist unersetzlich.
Es ist ein absolut sinnstiftender
Beruf!
Wie sieht ein typischer Tag im
Arbeitsleben einer Pflegekraft
aus?
Der Pflegeberuf erfolgt im Schichtsystem
und Schichten sind natürlich
je nach Arbeitsort und – zeit sehr
unterschiedlich organisiert. Ein normaler
Arbeitstag für Pflegende im
Frühdienst startet etwa gegen 6 Uhr
mit der Dienstübergabe, die elementar
wichtig für den folgenden Dienst ist.
Die abgelöste Schicht informiert über
die Bedürfnisse und den Gesundheitszustand
der Patienten und andere
Besonderheiten. Dann beginnt die Patientenversorgung,
sprich die Körperpflege,
Vitalzeichenkontrolle, Mobilisation,
Frühstückszubereitung und spezielle
pflegerische Versorgung. Danach erfolgt
die Visite mit den behandelnden Ärzten.
Zwischendurch kommen OP-Fahrten,
Untersuchungen, spezielle therapeutische
Maßnahmen, Neuaufnahmen
und Entlassungen hinzu. Pflegende
müssen außerdem immer wieder viel
dokumentieren. Ein praktisch nie vorkommender
sehr normaler Tag.
Laut Koalitionsvertrag der Bundesregierung
sollen 8.000 neue
Pflegestellen geschaffen werden.
Genügt das zur Bekämpfung des
Pflegenotstands?
Diese Lösung ist keine Lösung für mich.
8.000 Plätze sind ca. 0,5 Vollzeitstellen
pro Einrichtung – ein absoluter Tropfen
auf den glühend heißen Stein. Aber
auch 20.000 Stellen zu schaffen hilft
wenig, wenn die Bewerber fehlen.
Diese Stellen wären schlichtweg nicht
zu besetzen. Es muss also dringend
ein Umdenken in der Politik und der
Gesellschaft stattfinden. Das Image des
Pflegeberuf muss aufgewertet werden.
Das kann nur durch veränderte Rahmenbedingungen
gelingen.
Was halten Sie vom Vorschlag
ungelernte Kräfte in der Pflege
einzusetzen?
Dies betrachte ich als sehr kritisch.
Eine ungelernte Pflegekraft kann nicht
ansatzweise die Aufgaben einer ausgebildeten
Pflegenden übernehmen.
Pflegehelfer können zwar unterstützend
auf Station mitwirken, benötigen dazu
aber eine Mindestqualifikation. Grundsätzlich
ist es sinnvoll, auf den Stationen
Pflegende mit unterschiedlichen Qualifikationsniveaus
einzusetzen. Dies gelingt
allerdings nur, wenn es eine klare Trennung
der Aufgaben- und Kompetenzbereiche
gibt. Dies würde aber bedeuten,
dass sich der Verantwortungs – und
Aufgabenbereich der ausgebildeten
Gesundheits – und Krankenpfleger
verändern müsste. Damit meine ich,
dass diese vermehrt Steuerungs – und
Koordinationsaufgaben übernehmen
müssten. Neusten Medienberichten
zufolge, sollen in Hessen zukünftig in
der Altenpflegehilfe Menschen ohne
Schulabschluss eingesetzt werden. Das
macht mir Angst. Man benötigt aus meiner
Sicht eine gewisse Grundbildung,
um Menschen angemessen versorgen
können. Nur zu sagen, wir haben Pflegenotstand
und es kann jeder in die
Pflege, damit bin ich nicht glücklich.
Paradoxerweise fordert das neue Pflegeberufegesetz
gleichzeitig eine Teilakademisierung
der Pflege.
Zahlen und Fakten zur Pflege
Laut aktueller Zahlen des Statistischen Bundesamts gibt es in
Deutschland 2,9 Millionen Pflegebedürftige mit steigender Tendenz.
Von denen etwa 2 Millionen im eigenen Heim gepflegt werden.
In der ambulanten Pflege beschäftigen 13.300 Pflegedienste
355.600 Krankenpfleger. In den insgesamt 13.600 deutschen
Pflegeheimen sind 730.000 Pflegerinnen und Pfleger angestellt.
In dieser Statistik sind Pfleger, die nicht explizit in Pflegeheimen
beschäftigt sind nicht berücksichtigt. Eine allgemeine
statistische Erhebung zum gesamten Pflegeberuf fehlt.
Krankenpfleger ist ein Ausbildungsberuf. Die Gesamtzeit der Ausbildung
beträgt drei Jahre. Zugangsvorrausetzung ist die Mittlere Reife.
Das im Juli 2017 verkündete Pflegeberufegesetz regelt die Pflegeausbildung
für Kranken-, Kinderkranken- und Altenpflege neu. Es führt die
bisher getrennten Pflegeausbildungen zusammen.
Ab 2020 wird es eine zweijährige gemeinsame, generalistisch
ausgerichtete Ausbildung geben, in der ein Vertiefungsbereich
erst im dritten Jahr gewählt werden kann. Die neue generalistische
Pflegeausbildung ist damit an EU-Richtlinien zur
Anerkennung von Berufsqualifikationen angepasst worden.
38 Job & Karriere 2018/2019