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AZUBIS IM INTERVIEW
»DEN MENSCHEN
SEHEN«
I n der Pflege den besten und passendsten Beruf
gefunden zu haben, davon sind die Frauen der
Familie Konarska überzeugt und brechen eine
Lanze für diesen Ausbildungsberuf – »Zumindest kann
ich das für die Ausbildung sagen, die meine Schwester
und ich machen«, ergänzt Julia. Die beiden arbeiten im
Pflegezentrum des Generationenhauses Heslach der Rudolf
Schmid und Hermann Schmid Stiftung des Eigenbetriebs
leben&wohnen. Hier gibt es ein vollstationäres
Angebot für junge Pflegebedürftige und Senior*innen.
Julia erlebt in ihrem Alltag, dass Pflege immer den ganzen
Menschen mit all den (Lebens-) Erfahrungen, Einschränkungen,
Wünschen und Möglichkeiten sieht. Ergänzend
zu der praktischen Pflegeausbildung studiert
sie an der Dualen Hochschule Baden-Württemberg Gesundheits
und Pflegewissenschaften. Dadurch hat sie
noch einen sektionsübergreifenderen Blick.
Warum findest Du die 2020 eingeführte generalistische
Pflegeausbildung gut?
Vor der generalistischen Ausbildung gab es die starre
Aufteilung in Kinderkrankenpflege, Krankenpflege und
Altenpflege. Aber in der Realität sind die Grenzen nicht
so klar. Egal ob alt oder jung – wir sind Menschen. Es ist
gut, wenn man jeden Bereich kennenlernt. Wenn man
sich später spezialisieren möchte, dann tut man das aus
der Erfahrung heraus. Das ist viel besser, als die Entscheidung
vor der Ausbildung treffen zu müssen. Außerdem
ist es wichtig, bereichsübergreifendes Wissen
zu haben. Schließlich hat nicht jeder Alterskrankheiten,
72 AUSBILDUNG & KARRIERE 2021 / 2022
LEBEN&WOHNEN
Tel: 0711-21680511 · pflegeausbildung.elw@stuttgart.de
www.leben-und-wohnen.de
Julia Konarska ist im dritten Ausbildungsjahr
gerin im Alter von über 50 Jahren gemacht –
und das, nachdem sie jahrzehntelang als
Dipl. Betriebswirtschafterin tätig gewesen ist.
men und ausjonglieren, meint Julia Konarska.
nur weil er älter als 60 Jahre ist – das sage ich auch aus
persönlicher Erfahrung heraus.
Was meinst Du mit der persönlichen Erfahrung?
Kurz nachdem ich die Ausbildung bei leben&wohnen
begonnen habe, ist mein Vater schwer neurologisch erkrankt.
Er hatte nicht einmal mehr ein halbes Jahr zu leben.
Eigentlich ist es im Laufe einer solchen Erkrankung
notwendig, in eine Pflegeeinrichtung zu gehen. Mein
Vater hat das nicht getan – das hatte viel damit zu tun,
dass es keine wirklich passende Pflegeeinrichtung gab.
Mit 66 Jahren war er zu alt für die Junge Pflege, in der
man sich mit neurologischen Erkrankungen auskennt. Er
hätte in die Seniorenpflege gekonnt, aber dort stehen
die Alterserkrankungen im Fokus, das hätte ihm nichts
genützt. Auch deswegen bin ich eine Freundin der generalistischen
Ausbildung in der Pflege.
Was hältst Du für wichtig, wenn man sich für die Ausbildung
in der Pflege entscheidet?
Man muss in jedem Fall Interesse an Menschen haben.
Man lernt in der Ausbildung viel über physiologische
und psychologische Vorgänge. Was man aber nicht lernen
kann und was man unbedingt mitbringen muss, das
ist Empathie – man benötigt in der Pflege Einfühlungsvermögen
und Verständnis für andere. Immerhin begleitet
man Menschen in einem Lebensabschnitt, der nicht
immer leicht für diese ist. In der Pflege brauchen wir
Menschen, die den Menschen sehen. alh