tersparen, sonst reicht es unter Umständen
nicht. Wir gucken natürlich: Was passiert,
wenn wirklich irgendwo die Energiezufuhr
abgeschaltet werden muss? Wir haben
jetzt eine Liste von Gebäuden, die wir
als Wärmehallen nutzen können. Was total
irre ist, dass man sich 2022 über so etwas
Gedanken machen muss. Aber wir müssen
auf den Worst Case vorbereitet sein, auch
wenn es hoffentlich nicht so schlimm
kommt. Wir überlegen außerdem, wie wir
die Bürgerinnen und Bürger entlasten können,
weil natürlich durch die gestiegenen
Preise plus Inflation im Moment alle knapp
bei Kasse sind. Und das trifft wie immer
natürlich die am meisten, die eh am wenigsten
haben. Wir versuchen auch als
Stadt Unterstützung zu leisten, da vom
Bund bisher noch nicht viele Signale kamen.
Stichwort Klimawandel: Was wird in
Göppingen unternommen, im Kampf
gegen den Klimawandel, aber auch gegen
die Klimafolgeschäden?
Wir arbeiten gerade – natürlich neben
dem Thema Energie – am Themenkomplex
Mobilität. Wir müssen den Individualverkehr
reduzieren. Wir können nicht so weitermachen
und nur aufs Auto ausgelegt
sein. Wir müssen ein Miteinander von verschiedenen
Verkehrsmitteln erreichen.
Und da gehören Fußgänger, Radfahrer
usw. auch dazu. Wir sind gerade dabei, ein
ganzheitliches Verkehrskonzept zu erstellen.
Also sprich: Einen stärkeren ÖPNV, eine
bessere Taktung. Ich hoffe auf den
Bund, dass auch nach dem Neun-Euro-Ticket
etwas an der Preisstruktur geändert
wird. Aber da bin ich ganz guter Dinge.
Neben der Mobilität ist natürlich das Bauen
ein großes Thema. Wir müssen heute
definitiv anders bauen, als man es vor ein
paar Jahren noch getan hat. Wir müssen
auch energetisch sanieren, das machen
wir zum Beispiel an unseren Schulen – die
werden ja häufig saniert, beispielsweise
wegen neuer Brandschutzerfordernisse.
Und wir wollen jetzt dazu übergehen, dass
wir nicht einfach nur eine Brandschutzsanierung
machen, sondern kombiniert mit
einer energetischen Sanierung. Teilweise
sind die Gebäude über 100 Jahre alt und
Energieschleudern. Da können wir noch
viel verbessern.
Wir haben gerade viele Themen offen,
aber irgendwann würde ich mir auch wünschen,
noch mehr Grün in die Stadt zu holen.
Das wirkt sich gerade in den heißen
Sommermonaten extrem positiv aus: Jeder
Baum ist wie eine kleine Klimaanlage.
Das merkt man, wenn man hier vom
Marktplatz ein paar Meter in die Oberhofenanlage
läuft, da ist es direkt drei
Grad kühler. Dort stehen große, alte Platanen,
und wenn ich im Sommer darunter
sitze, ist es dort immer erträglich. Im Endeffekt
muss ein Begrünungsprogramm
her. Also das, was man früher zubetoniert
hat, wieder entsiegeln und dort wirklich
Grün in die Stadt bringen – das wird ein
längerfristiges Ziel sein.
Vom 9. Bis 11. September findet wieder
das Göppinger Stadtfest statt. Was bedeutet
dieses Event für die Stadt?
Das Stadtfest hat sich, wie ich finde, in den
letzten Jahren wahnsinnig gut entwickelt,
weil es viel offener geworden ist. Wir haben
das Kleinkunstfestival dabei, wo überall
Straßenkünstler unterwegs sind – man
kann an jeder Ecke was sehen und bekommt
überall was geboten. Das Stadtfest
zeichnet sich auch dadurch aus, dass es
von Göppinger Vereinen gemacht wird. An
jedem Stand, an jeder Ecke steht irgend
ein Göppinger oder eine Göppingerin dahinter,
und das ist natürlich extrem viel
wert, denn wenn man als Göppinger über
das Fest läuft, kennt man fast jeden. Und
so klein ist die Stadt mit ihren 60.000 Einwohnerinnen
und Einwohnern ja nicht.
Aber beim Stadtfest ist es irgendwie echt
so: Fast an jedem Stand kennt man jemanden.
Das hat einen unheimlichen Charme.
Außerdem sieht man dabei, wie schön die
Innenstadt tatsächlich sein kann. Wir haben
keine mittelalterliche Altstadt wie andere.
Aber es ist trotzdem schön hier. Und
wenn man durch die klassizistischen Straßen
geht und dabei feiert und Musik an jeder
Ecke hört, ist das super. Ich freue mich
sehr auf das Fest. Und ich wohne ja in der
Kirchstraße, bin also Tag und Nacht direkt
auf dem Stadtfestgelände – das ist sensationell,
das liebe ich.
Was haben Sie sich in den kommenden
Jahren für Göppingen vorgenommen?
Zum einen wäre da ein stückweiter Umbau
der Verwaltung, um sie ein bisschen
innovationsfähiger werden zu lassen. Das
ist ein größeres Unterfangen, aber wir sind
ganz gut dabei. Und wenn es läuft und
umgesetzt wird, wird es mit einer Effizientsteigerung
einhergehen, die die Bürgerinnen
und Bürger idealerweise auch bemerken
werden.
Was mir auch sehr wichtig ist, ist die Neugestaltung
des Boehringer-Areals, die alte
Industriefläche, direkt gegenüber von Märklin.
Wir wollen dort endlich ein bisschen
Schwung reinbringen, als Innovations- und
Gründerzentrum, aber auch als Kulturstätte
mit Aufenthaltsqualität. Das sind alles
wunderschöne, teils denkmalgeschützte
Industriehallen, die einen ganz besonderen
Charme haben und die einfach zur
Identifikation mit Göppingen wichtig sind.
Das hat ein Riesenpotential.
Göppingens Rathaus mit dem »Beach-Platz«
Foto: Stadt Göppingen
MORITZ
2022-09 5