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MORITZ_Stuttgart_092017

BUNDESTAGSWAHL »Spannend und aufregend« fi ndet Viviane den ganzen Trubel um die bevorstehende Bundestagswahl. Verständlich, schließlich darf die 19-Jährige in diesem Jahr erstmals selbst das berühmt berüchtigte Kreuzchen machen. »Da fühlt man sich irgendwie schon erwachsener«, gibt sich die Abiturienten verantwortungsbewusst. Dementsprechend hat sich die Erstwählerin im Vorfeld der Wahl auch reichlich Gedanken gemacht – über Kanzlerin Angela Merkel und ihren Kontrahenten Martin Schulz genau so wie über leere Wahlversprechen, misslungene Plakate oder ewig gleiche Politikerfl oskeln. »ABENTEUER BUNDESTAGSWAHL« Für über drei Millionen Wahlberechtigte ist der Gang zur Wahlurne am 24. September eine Premiere. Im Unterschied zu vielen älteren Wählern sind Jungwähler in der Regel noch nicht festgefahren und auf eine bestimmte Partei fi xiert. Kein Wunder also, dass sich die Parteien stark um die Erstwähler bemühen. So ließ sich Bundeskanzlerin Merkel zuletzt medienwirksam auch von vier beliebten Youtube-Stars interviewen. Mit einem politischen Mehrwert war dabei wohl von vornherein nicht zu rechnen, schließlich dürften Begriffe wie »investigativer Journalismus« oder »Pulitzer-Preis« für eine Mode-Bloggerin wie Ischtar Isik, die auf Youtube für Schminktipps und bei Instagram für das Posten von bunten Bildern ihres Essens berühmt ist, genauso »#Neuland« sein, wie einst das Internet selbst für Angela Merkel. Nichts desto trotz kommt die Aktion bei den jungen Leuten gut an – auch bei Erstwählerin Viviane: »Ich fi nde das gut, dass sich Angela Merkel auch für Youtube Zeit nimmt. Normale politische Sendungen im Fernsehen fi nde ich viel zu langweilig, da wiederholen die Politiker doch ohnehin immer nur die gleichen Floskeln «. Eine Meinung, bei der sich übrigens alt und jung gleichermaßen einig sind. Polit- Talkerin Anne Will beispielsweise gibt als die meistgehörte Antwort, die sie selbst in ihrer Sendung nicht mehr hören kann, an: »Wenn Politiker sagen: Ich komme gerne auf ihre Frage zurück aber lassen sie mich zunächst sagen, dass ...« DER WUNSCH NACH KLAREN ANTWORTEN »Ich würde mir wünschen, dass Politiker weniger ausweichen und öfters klare Antworten geben – nicht immer nur um den heißen Brei herumreden oder leere Wahlversprechen von sich geben«, spricht die 19-Jährige Viviane auch vielen älteren Wählern aus dem Herzen. Und die Abiturientin hat ihre Hausaufgaben gemacht und im Internet einfach mal zur Bundestagswahl 2013 nachrecherchiert: »Viel ist am Ende von den Wahlversprechen der Parteien nicht übrig geblieben!« Die SPD konnte zwar mit der Realisierung des Mindestlohns punkten und die CDU hielt ihr Versprechen von der der schwarzen Null und einem Haushaltsplan ohne neue Schulden. Darüber hinaus blieb allerdings nicht mehr viel erwähnenswertes: die von der SPD seiner Zeit im Wahlkampf propagierte höhere Besteuerung der Reichen geriet etwa genauso schnell in Vergessenheit, wie die in Aussicht gestellte Entlastung der Steuerzahler von der CDU. Angesichts der eher bescheidenen Bilanz überrascht es auch nicht weiter, dass Erstwählerin Viviane bei den aktuell »heißen« Themen wie der Flüchtlingsproblematik, Fragen zur inneren Sicherheit oder der Bildungspolitik keine allzu hohen Erwartungen an die Politiker hat. »Ich befürchte, dass sich auch nach der Wahl leider nicht viel ändern wird!« Persönlich wünscht sich die Abiturientin eine Verbesserung der Wohnungspolitik: »Ich bin gerade selbst auf der Suche nach einer Wohnung und werde in Zukunft sicher auch noch öfters umziehen, daher spielt das Thema Mietpreisbremse für meine persönliche Entscheidung eine wichtige Rolle! « Wen die 19-Jährige letztendlich wählen wird, lässt sie sich selbst momentan noch offen: »Ich beobachte, was im Wahlkampf noch alles passiert und werde mich dann wohl erst spontan endgültig entscheiden!« Sicher ist momentan also nur, dass am 24. September für Viviane das Abenteuer »wählen gehen« beginnt – und zwar ganz gleich ob für Angela Merkel oder Martin Schulz, immer getreu dem alten Monty Python Motto: »Gut. Durch die Tür hinaus, zur linken Reihe, jeder nur ein Kreuz!« Andrej Meinzer 24 MORITZ 2017-09


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