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Story Der freiberufliche Illustrator Michael »Michl« Luz stellt am 7. April sein Werk »G:sichtet 4 – Bock auf Pommes« vor. MORITZ-Redakteur Thomas Moegen hat den vielschichtigen Künstler besucht, sah sich in seinem bunten Atelier am Olga-Eck um und sprach mit ihm über die Anfänge als Grafiker, seinen kreativen Prozess und einen blutverschmierten Boxsack. Dr. Jekyll und Mr. Hyde der Farben Wenn der freiberufliche Illustrator Michael »Michl« Luz über seine Bilder, Illustrationen und Sketches spricht, blitzt der Spitzbube neckisch aus seinen Augen. »Als Jugendlicher war ich ein Eigenbrötler und habe überhaupt keinen Sport getrieben. Da habe ich überlegt, was ich tun kann, um den Mädels zu imponieren und habe einfach Daumenkinos in Schulbücher gekritzelt. Natürlich auch ins Englisch-Buch, deswegen spreche ich es heute auch nicht so gut«, grinst Luz und huscht energiegeladen durch das Atelier von Illuztration, der Firma, die er vor fast 25 Jahren gründete. »Ein weisses Blatt Papier ist tödlich« An den Wänden hängen gerahmte Tagesillustrationen, Ölgemälde stehen herum, es duftet leicht nach Terpentin. Zu seinen Kunden zählt er Verlage, Werbeagenturen, Zeitungen, Zeitschriften und Verbände. »Natürlich bilden Werbung und Auftragsarbeiten die Basis. Zunehmend widme ich aber auch der freien Malerei, wenn keiner anruft«. Luz macht seine Arbeit immer Spaß, einen klassischen Feierabend kennt er nicht. »Ein weißes Blatt ist tödlich, dann strampel ich mich auf dem Fahrrad ab oder gehe mit Freunden beim Italiener essen und schon kommt die Idee«. Meistens hat er ein Büchlein und einen Bleistift dabei, zeichnet Straßenszenen, da wo er gerade unterwegs ist – wie eine Fotokamera, die mitmalt. Vorbilder hat er keine, vielleicht den amerikanischen Neo-Konzept-Künstler Jeff Koons oder den Straßburger Jean- Thomas Ungerer. Klassische Ölmalerei, Popige Illustration »Ich zeichne Unikate, jede Tagesillu bekommt eine Zeitung nur einmal. Das neuste Werk ist immer mein Meisterwerk«, sagt der 52-Jährige, öffnet eine Schublade, nimmt eine Zeichnung heraus und zerreißt sie. Ungläubiges Staunen meinerseits. Schaffen und Vernichten scheinen eine Einheit zu bilden. Apropos Vergänglichkeit. »Kürzlich stand ich mit Freunden vor einem Stuttgarter Club und der Türsteher sagte ,Kommt ihr zum Sterben her, oder was?‘«, lacht Michl. Bei der Ölmalerei haben es ihm derzeit die Alpen angetan. Gelegentlich arbeitet er am Luganer See, Sammler und Hoteliers fragen nach modernen Bildern, die Almhütten oder Gebirgslandschaften zeigen. Gediegene Landschaftsmalerei und poppige Illustration, wie passt das zusammen? Muss es ja nicht, denn Luz ist wie ein Dr. Jekyll and Mr. Hyde der Farbe, der Tusche und des Graphits. Luz ist vielschichtig, spielte als Statist einen Tambourmajor an der Oper Stuttgart und jongliert für seine Illustrationen oft mit Wörtern. »Wenn ich zu enthusiastisch bin oder kreativ völlig ausflippe, bremst mich schon mal meine Frau, mit der ich seit 17 Jahren glücklich verheiratet bin«. Luz setzt sich vor sein Grafik- Tablet und zeigt mir seine Arbeitsweise. Das Desktop ist aufgeräumt, die Dateien feinsäuberlich benannt, aber Kehrwoche würde er keine machen. »Das Verhältnis digitales zu analogem Zeichnen ist 50:50. Viele Junge Grafiker bevorzugen wieder das Zeichnen aus der Hand am Arm, ab und zu gebe ich ihnen Tipps.« Sein neues Buch G:sichtet 4 – Bock auf Pommes bezeichnet er als Cuvée: »Es ist das erste Solo mit dem Gatzanis-Verlag und eine prickelnde Auslese meiner Illustrationen, die sind ja alle da.« Er freut sich auf die Präsentation und sein Atelierfest mit knackigen Saiten am ersten Samstag im Dezember. Als wir auf den farbbeschmierten Boxsack zu sprechen kommen, schlägt er mit kräftiger Hand dagegen, weitet die Augen und sagt: »Das ist keine Farbe, der blutet«. Thomas Moegen G:sichtet 4 – Bock auf Pommes Buchpräsentation und Ausstellung, Fr. 7. April, 19 Uhr, Galerie von Braunbehrens, Stuttgart, www.michaelluz.de 6 MORITZ 2017-04


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