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Story Der Tübinger Michail »Mischa« Berenfeld paddelt alleine in einem See-Kajak bis Anfang September 2.200 Kilometer die Donau hinab – von Passau bis zum Mündungsdelta am Schwarzen Meer. MORITZRedakteur Thomas Moegen traf den Hobby-Abenteurer im Französischen Viertel und sprach mit ihm über seinen Antrieb, die Vorbereitung, die Ziele der großen Fahrt und den geplanten Video-Blog. »habe Keine Ahnung vom Paddeln« »Ich mache so viel Quatsch, da gibt es viel zu erzählen«, sagt der freiberufliche Medienberater Mischa Berenfeld und lächelt. Von Ende Juni bis September wird der 36-Jährige in seinem Kajak die Donau 2.200 Kilometer in Ufernähe stromabwärts fahren, »auf der Suche nach den kleinen Dingen und interessanten Begegnungen am Wegesrand«. Für die Strecke veranschlagt er 62 Tagesetappen zu je 35 Kilometern. Die Abenteuerlust, die der selbstständige Medienberater bisher bei zwei 1.000-Kilometer Wanderungen 2012 und 2015 in den Pyrenäen und im Massif Central auslebte, liegt in seinen zum Teil weißrussischen Genen. »Mein Vater ist ein Hardcore- Tourenmensch. Er erschloss eine neue Nord-Süd-Route durch das Altai-Gebirge, war oft am Baikalsee und schreckte sogar vor Eisklettern nicht zurück«. Mischa hält den europäischen Osten für unterschätzt, der Donau-Trip sei für ihn auch eine kleine Reise ins Ich. Mutig findet er diesen Trip nicht. Er paddelt durch zehn Länder – Deutschland, Österreich, die Slovakei, Ungarn, Kroatien, Serbien, Bulgarien, Moldawien, die Ukraine und Rumänien. »Schuld an der Idee zur Donaufahrt sind mein bester Kumpel Rob und ein Donauschiffer, der mir einen detaillierten Wälzer über den Fluss zu lesen gab. Aber eigentlich habe ich keine Ahnung vom Paddeln«. Im Herbst 2016 kaufte sich Mischa dennoch ein gebrauchtes, fünf Meter langes See-Kajak in Volkach. »Die schoben mich einfach in den Main und sagten: ,Der macht das schon‘«. Dabei stand das Solo-Projekt im vergangenen Jahr noch auf der Kippe. Mischa hatte gesundheitliche Probleme, obwohl das Energiebündel pro Woche dreimal Unterricht in der phillipinischen Selbstverteidigungskampfkunst Kali gibt, zweimal privat trainiert und sich gesund ernährt. »Das alles hilft mir, meine Athletik zu stärken, mein Ego zu reduzieren sowie Sinne und Geist zu schärfen.« »Alleine sind Erlebnisse Intensiver« Er paddelt alleine, weil die Konfrontation mit der Realität und die Erfahrungen mit Land und Leuten so viel intensiver und echter sind. »So bin ich gezwungen, mit Menschen in Kontakt zu treten«. Trotz Vorbereitung lerne man das meiste über sich auf dem Weg. Sein gelbes Kajak, das er nach einer Science-Fiction-Figur aus Arthur C. Clarkes Roman »Das Lied der fernen Erde« Little Lion getauft hat, wiegt beladen gut 50 Kilogramm. »Ich beschränke mich bei der Ausrüstung nur auf das Nötigste, um unversehrt zu bleiben. Oft scheitern Wanderungen nach zwei bis drei Wochen an einem Kilogramm zu viel Gepäck. Was ich nicht habe, kann nicht kaputtgehen. Ich halte alles funktional«. Zwei Züge laufen links und rechts im Kajak vom Fußpedal bis zum Ruder am Heck, zwei 360-Grad-Action- Kameras vorne und hinten sowie eine Unterwasser-Kamera steuert er mit einer Fernbedienung. Auf seinen Youtube-Kanal wird er kleine Videos seiner Erlebnisse hochladen. Den Strom bezieht er aus einer 20.000 Milli-Ampère-Powerbank, durch ein altes UKW-Radio-fähiges Handy informiert er sich über das Wetter. Gegen Wasser schützen Kajak-Spritzdecke und Auftriebsweste, gegen die Sonne viel Creme und sein legendärer »Eiserner Schlapphut«. Auf die Frage, ob seine Freundin keine Bedenken hätte, entgegnet er gelassen: »Überhaupt nicht. Sie unterstützt mich, fährt mit zum Training an der Nagoldtal-Sperre und wird mich auf Landgang in Wien, Budapest und Belgrad treffen. Beschäftigt ist sie ohnehin, denn sie macht an der Uni den Doktor in Quantenoptik. Unser Running-Gag ist, dass ich mir einen Waschbären brate, wenn mir das Essen ausgehen sollte«, schmunzelt »Donau-Mischa« spitzbübisch. tmo Verfolge Mischas Donau-Video-Blog auf www.moritz.de/journal/kajak-blog 6 MORITZ 2017-07


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