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Stor y Am 1. April feiert das Tanz-Pub Rodeo am Reutlinger Gerbertor mit einer Oldie-Nacht seinen 55-jährigen Geburtstag. Wirt, DJ und Szene-Ikone Peter Töps erklärte MORITZ-Redakteur Thomas Moegen vorab, wie er als blutjunger Maschinenschlosser von Berlin in die Achalmstadt kam, was sich im Nachtleben der Stadt verändert hat und wie er in seiner Freizeit Entspannung findet. »Die waren doch alle schon hier« »Wat woll‘n se denn von mir wissen? Die war‘n doch alle schon hier, auch von Euch, und ick habe denen doch schon alles erzählt. Ließ doch den GEA oder das Tagblatt. Urgestein, Zeitzeuge und so weiter. Das brauch ick nich alles wieder zu erzählen, ick bin maulfaul«, sagt der 80-jährige Peter Töps, der seit 55 Jahren im Rodeo arbeitet und seit 1977 im Tanz-Pub am Reutlinger Gerbertor die Regie führt. So leicht lasse ich mich nicht abschütteln, denn Töps, der als DJ Pepe am liebsten Schlager auflegt, zieht mich in seinen Bann und taut dann doch auf. »Normal läuft hier nichts mehr. Das Nachtleben in Reutlingen ist fast tot. Früher gab es hier zehn bis zwölf Diskos, heute sind es deutlich weniger. Ich habe so ziemlich alle überlebt und bin dabei jung geblieben, denn alle vier Jahre hat sich ja das Publikum geändert«, schmunzelt Töps. »Ich habe so ziemlich alle überlebt« Klein kriegen lässt sich Wodka-Peter nie. Auch nicht bei Rückschlägen. Seine Frau Magdalena ist gestorben und das Rodeo war im November und Dezember geschlossen, da sich »Der Olle« operieren lassen musste. »Wenn ich gehe, ist Schluss, denn das Gebäude des Rodeos fällt unter Bestandsschutz. Müsstest ja alles rausreißen und renovieren«. Früher sei die Kneipe am Gerbertor kein nettes, sondern ein hartes Lokal gewesen und Töps war erst einmal damit beschäftigt, »die alten Rabauken rauszuwerfen«. Damals wurde auch wilder statt herumstehend getanzt und die Jugendlichen wurden um 22 Uhr an die frische Luft gesetzt. Heute kämen die Gäste erst um zehn, hätten alle Autos und wären gesetzter. Peter Töps, der ein bisschen wie ein lässiger Karl Lagerfeld, nur ohne Allüren, wirkt, hat ein bewegtes Leben. Mostköppe, Tattoos & GruSS von der Oma »Wenn ich mir Notizen jemacht hätte, könnte man Romane Schreiben«. Der gelernte Maschinenschlosser aus Fürstenwalde ging als 18-Jähriger 1955 nach Ost-Berlin und hätte die Chance auf ein Studium an der Arbeiter-und-Bauern-Fakultät, der heutigen Humboldt Universität, gehabt. Er aber jobbte in Kneipen und stach sich »aus Langweile« selbst kleine Tattoos, die leicht verblasst, aber immer noch gut zu sehen sind. Seine Eltern blieben in Brandenburg, er kam vom Auffanglager West-Berlin über Hannover nach Reutlingen. Hier wurde er schon mit 18 anstatt mit 21 volljährig, arbeitete als Hilfsarbeiter und machte seinen Gesellenbrief in zwei Jahren. »Wenn mich die Polizei ohne Licht auf dem Fahrrad erwischte, fragten die mich immer nach meinem Vormund. Die konnten nicht glauben, dass ich mit 18 mein eigener Vormund war. Und auf der Arbeit habe ich den Mostköppen hier gezeigt, wie man die Maschinen an- und abstellt«. Inzwischen macht sich Töps nicht mehr verrückt, fährt mit seinem Boot zum Angeln auf den Illmensee, übernachtet in seinem Wohnwagen und hört im Radio seine Lieblingsschlager von Nena oder Udo Jürgens. »Wenn ich mal Mädels anmache, sagen die oft ,Schönen Gruß von der Oma‘«, flunkert er mit einem Zwinkern, »es schauen sowie so alle auf mich, mich kennt jeder«. Stadtbekannt sei auch sein weißer Mercedes AMG, den sich ein »Fräulein von der Theke unter den Nagel gerissen hat«. »Früher warst du als Wirt noch jemand, heute hast du nur noch Kosten. Für die Gema zum Beispiel«. Bei der Arbeit hilft ihm Alexander Maurer von Party Reutlingen, das Rodeo ist für Privatfeiern bis Juni ausgebucht. Betrieb würde sich nur am Wochenende lohnen, dabei legt er selbst Schallplatten auf und trinkt gerne einen mit. Zum Schluss zeigt er noch seinen Gehstock, der ein eingebautes Radio hat. DJ Pepe geht eben immer mit Musike durch sein Leben – egal, was kommt. tmo 55 Jahre Rodeo – Oldie Nacht Sa. 1. April, 21 Uhr, Rodeo, Reutlingen, www.party-reutlingen.de 4 MORITZ 2017-04


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