gemacht. Das fing an mit den »4700 Quadratkilometern Zukunft«
und löste erstmal Verwunderung aus.
Sie sind mit einer Wanderausstellung über Land gezogen.
Haben in Rathäusern, Schulen, Banken Schautafeln aufgestellt
und erklärt, dass es da ein Stück Land gibt, 4700 Quadratkilometer
groß, und dort liegt die Zukunft?
Schoch: »So etwa (lacht). Wir haben in drei, vier Jahren an 60, 70
Stationen für die Region geworben. Wir haben Unternehmen eingeladen,
sich im Rahmen der Ausstellung zu präsentieren. Viele
haben mitgemacht. Da konnte man sehen wie praktisch Wirtschaftsförderung
funktioniert, wenn alle an einem Strang ziehen.«
Steffen Schoch wurde nicht müde den Menschen zu erzählen,
dass die Region Heilbronn-Franken den höchsten Beschäftigungs
und Bevölkerungszuwachs in Baden-Württemberg verzeichnet.
Dass Heilbronn-Franken die größte Rotweinregion
Deutschlands ist oder in Öhringen die erste Volksbank Deutschlands
entstanden ist und vieles mehr. Die Ausstellung war ein voller
Erfolg und wurde auf ganz Deutschland ausgedehnt. Auch
sonst war Heilbronn und seine Region schon bald in aller Munde.
Sommer 2008. Stallwächterparty in Berlin. Das sind jene Feste,
mit denen die Politiker und Abgeordneten alljährlich in die Sommerpause
starten. In jenem Jahr wurde sie erstmal von der Region
Heilbronn-Franken ausgerichtet. In den Räumen der Landesvertretung.
Schoch lockte mit dem Slogan „Wein.Schwein.
Weltmarktführer.“ in die Bundeshauptstadt. Die Sau Berta, ein
Original Schwäbisch Hällisches Schwein, war das lebendige Aushängeschild
der Region. Unvergessen. 2700 Gäste mit viel Polit-
Prominenz feierten bis in den frühen Morgen diesen gelungenen
Auftritt. Und jeder wollte die wohlig grunzende Berta streicheln
in der Hoffnung, dass sie Glück bringe.
Schoch: »Das war ein Wahnsinnsauftritt.«
2004 hatte sich die Region erstmals in der neuen Landesvertretung
in Brüssel präsentiert. Dort unter dem Motto »Ein starkes
Stück Baden-Württemberg«. 300 Gäste wurden erwartet. Mehr
als doppelt so viele waren gekommen. Viel hochkarätige Prominenz
aus Politik, Handel, Wirtschaft und Kultur. Inzwischen hat
sich Ministerpräsident Winfried Kretschmann den Slogan zueigen
gemacht. Ob bewusst oder unbewusst – es darf in jedem Fall als
Kompliment verstanden werden.
Herr Schoch, erzählen Sie doch bitte mal die Geschichte, wie
es zu dem Begriff »Weltmarktführer« kam?
»Auf einem Rückflug von Berlin saß ich neben einem jungen
Mann. Der notierte sich was und ich sah, dass er sich mit dem
Thema ‚Hidden Champions‘ befasste. Also, er sammelte Weltmarktführer
so wie ich. Es stellte sich heraus, dass das Professor
Dr. Bernd Venohr war. Ich hatte zu dem Zeitpunkt zusammen mit
einer Studentin, die ihre Diplomarbeit zum Thema ‚Innovationsmanagement‘
machte, die Region Heilbronn-Franken analysiert.
Professor Venohr ich taten uns zusammen, legten unsere Datenbanken
übereinander und sahen, wieviele Unternehmen ein Alleinstellungsmerkmal
haben, eine Nische, in der sie Spitze sind.
Womit sie weltweit führend sind, das aber wenig oder gar nicht
nach außen kommunizierten.«
Und da haben Sie dann angesetzt?
Schoch: »Ja, wir haben die ‚Hidden Champions‘ allmählich aus ihren
Verstecken geholt.«
2007 hat die WHF auf den Fluggastbrücken der Flughäfen in
Stuttgart in Berlin für die Region Heilbronn-Franken geworben.
Das Ziel: Entscheider aus Wirtschaft und Politik sollten beim Einstieg
ins Flugzeug auf die Region aufmerksam werden. In Kooperation
mit dem Landesmarketing des Staatsministeriums Baden-
Württemberg und der Agentur Scholz&Friends wurde die Idee
umgesetzt. Das Motto hieß: »Heilbronn-Franken: Wo sich Fuchs
und Hase ‚Gute Nacht‘ sagen und sich die Weltmarktführer die
Klinke in die Hand geben«. Kurz und prägnant.
Schoch (lacht): »Das war vermutlich der längste Slogan aller Zeiten.«
Und Sie haben sich aufgemacht nach Europa um Heilbronn
und die Region auch in unseren Nachbarländern bekannt zu
machen und zum Beispiel auch Fachkräfte anzuwerben. Wie
wichtig war und ist der Austausch mit dem Ausland?
Schoch: »Ja, wir haben Profile abgeglichen, Exkursionen organisiert
mit Hochschulen, Forschungszentren und Kommunen. Wir
waren in Barcelona, in Grenoble und Nord-Italien, in Holland und
Frankreich, haben uns in Oberösterreich Anregungen zum Thema
Cluster-Management geholt, in Spanien Maultaschen gekocht
und Württemberger Rotwein getrunken. Es gibt kaum eine Stadt
in Europa, in der wir nicht waren. Einfach um zu sehen, wie ticken
die, und wie können wir als Region in Erinnerung bleiben.«
Schumm: »Erkenntnisse aus anderen Regionen sind wichtig. Es
geht nicht ums Abgucken, aber man muss das Rad auch nicht immer
wieder neu erfinden.«
Schoch: »Ich halte mich bis heute an ein Zitat von Reinhold
Würth, der mal gesagt hat, man müsse kreative Unruhe in ein Unternehmen
bringen.«‚
Warum wird Heilbronn in Stuttgart, aber auch bundesweit
noch immer nicht so ganz ernst genommen?
Schumm: »Das wird in der Zwischenzeit anders gesehen. Das
Lobbying für die Region ist Aufgabe der WHF. Ich bin kein Kind
der Region, aber ich kann sagen, dass wir heute deutlich anders
wahrgenommen werden. Und dazu tragen die Unternehmen bei.
Ich glaube, wir brauchen häufig den zweiten Blick auf die Region.
Wer richtig hinsieht, ist überrascht wieviel die Region zu bieten
hat. 20 Jahre WHF haben dazu beigetragen, die Wahrnehmbarkeit
der Region zu verbessern.«
Schoch: »Genau so ist es. Mit Oberbürgermeister Helmut Himmelsbach
war erstmals ein OB da, der den Blick von außen hatte.
Und das hat er weitergetragen. Die Bundesgartenschau, die Experimenta,
der Bildunsgcampus – das war alles von Helmut Himmelsbach
vorbereitet. Er hat den Blick auf die Stadt und die Region
geöffnet.«
Erklären Sie doch bitte mal kurz und bündig, was die WHF
von den anderen fünf Wirtschaftsföderungsgesellschaften,
die bei der Stadt Heilbronn und den Landkreisen angesiedelt
sind, unterscheidet.
Schumm: »Wir haben unterschiedliche Wirkungskreise. Die Wirtschaftsförderungsgesellschaften
auf Kreisebene fungieren häufig
als Mittler innerhalb einer Verwaltung. Die WHF ist das Tor zur
Region. Wir stellen die Region nach außen dar, nicht nach innen.
Gleichwohl lautet das Motto: Das eine tun und das andere nicht
lassen.«
20 Jahre WHF | 2018-11 21