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125 Jahre TC Heilbronn - Jubiläumszeitschrift

125 Jahre 1892 2017 Jubiläum – 125 Jahre TC Heilbronn CHRONIK also 0:6, 1:6. Später erfuhr ich, daß sie das Turnier gewann und die Tochter eines Trainers war, so daß meine Niederlage nicht gar so sehr schmerzte.« Zu ihrem Stuttgarter Abenteuer gehört, daß sie einen Einsatz als Schiedsrichtern ablehnen muß: »Ich konnte kaum zählen.« Fabrikant Julius Mertz ist seit 1937 als Nachfolger von Georg Rümelin der fünfte Vorsitzende in der Vereinsgeschichte. Harte Zeiten stehen bevor. Max Rümelin im Rückblick: »Im Juli 1939 wehten noch die Fahnen Englands, Frankreichs, der Schweiz und Deutschlands über dem damals 24. lnternationalen Turnier, ehe im August in Europa die Lichter ausgingen.« 4. Dezember 1944 Während des Zweiten Weltkrieges wird der Spielbetrieb »in bescheidenem Rahmen« fortgesetzt. Das vorläufige Ende folgt am 4. Dezember 1944, als Heilbronn bei einem englischen Luftangriff zerstört wird und fast 7000 Menschen ums Leben kommen. Im Vergleich zu dem menschlichen Leid sind die materiellen Verluste harmlos, weil sie ersetzt werden können; durch eine Luftmine werden Plätze, Clubhaus und Umkleidekabinen der Tennisanlage zerstört. Willi Sommer hat als Neunjähriger mit zehn weiteren Menschen den 4. Dezember 1944 in einem primitiven Bunker in der Südostecke der Anlage überlebt. Um nicht unter einem einstürzenden Haus im Keller begraben zu werden und elendiglich zu ersticken, haben die Familien aus der Bismarckstraße 74 diesen Bunker gebaut; die Idee dazu stammt von Mitbewohner Otto Schadt, der als Platzwart seit Mitte der 30er Jahre die Anlage betreut. Der hufeisenförmig angelegte Bunker ist so hoch wie Klein- Willi, hat eine Holztür und einen verschalten Ausstieg, die Decke besteht aus Brettern und Dielen, oben drauf liegt die Erde vom Aushub. Am Abend des 4. Dezember 1944 flüchten in diesen Bunker die Menschen aus der Bismarckstraße 74, darunter Mutter Elise Sommer, die sonst als Köchin bei den Tennisfesten für die Verpflegung sorgt. »Der Bunker hat uns vermutlich das Leben gerette«, meint Willi Sommer. Unter der Erde hört man den infernalischen Lärm des 4. Dezember, Tür und Verschalung werden durch den Luftdruck einer Mine weggerissen. Aber die Menschen bleiben unverletzt. Als sie danach aus der Erde kriechen, sehen sie eine brennende Umgebung: »Feuer, Feuer, überall Feuer, wohin man auch schaute!« Im Keller des Hauses Bismarckstraße 74, das unter einer Bombe eingestürzt ist, glühen noch Tage später die Kohlen. Wiederanfang nach 1945 Die Überlebenden und Heimkehrer des Zweiten Weltkrieges plagen andere Probleme als die Zukunft des Tennissports. Wer im zerstörten Heilbronn ein Dach über dem Kopf hat, darf sich glücklich schätzen; die »Ausgebombten« zimmern Notunterkünfte in den Ruinen, richten sich in Weinberg- und Gartenhäuschen ein oder ziehen zu Verwandten und Bekannten ins Umland. Der Hunger geht um, eine Mahlzeit ist wichtiger als Tennis. Aber der Mensch lebt nicht vom Brot allein. Zuerst gibt‘s ein Konzert im Schießhaus (September ’45), Theater im Trappensee Saal (November ’45) und die »Heilbronner Stimme« (März ’46). Drei Genehmigungen der US-Militärregierung bereichern ab Juli ’46 die Freizeit: Öffnung des Freibades Neckarhalde für die deutsche Bevölkerung, das erste Nachkriegskino im Pflugfelder in Neckargartach und die Neugründung des »Tennis- Klubs« in der Bismarckstraße als »Tennisclub«. Sie sind Männer der ersten Stunde im zerstörten Heilbronn, die sich als Vorstand für den Tennisclub einsetzen: Fabrikant Julius Mertz, der wieder den Vorsitz übernimmt, und sein »Vize« Rutger Graf Wrangel, die bis 1956 die Geschicke des Clubs leiten, Dr. Hans Ackermann, Dr. Max Beker, Josef Bierstorfer, Achim Kurz, Dr. Gabriel Kurz (»Gabi«) und Max Rümelin. Mit Schaufeln und Schubkarren rücken die Mitglieder an und richten die beschädigten Plätze. In den Trümmern des Clubhauses werden provisorische Umkleideräume eingerichtet. Die Zeit spiegelt sich in Platzwart Otto Schadt; für seine Familie stellt er neben das Clubhaus einen l-Zimmer-Anbau, gegen Lebensmittel gibt er Tennisunterricht. Zu den ersten Spielern der Nachkriegszeit gehören amerikanische Offiziere. »Sie waren so nett, unseren Mitgliedern ihre einmal gespielten Bälle zu überlassen«, erinnert sich Max Rümelin. Weil es sonst an Bällen fehlt, wird damit so lange gespielt, bis der letzte Filzrest abgewetzt ist. Rümelin: »Man war bescheiden geworden und froh, überhaupt wieder spielen zu können.« Not macht erfinderisch. Mangels Saiten für die Bespannung der Tennisschläger werden Schnüre oder Elektrokabel zwisehen die Rahmen geflochten. Hannelore Kurz geht zur Tauschzentrale am Silcherplatz; für ein Paar Damenschuhe ihrer Mutter bekommt sie einen gebrauchten Tennisschläger. Als Füllung für die Bälle sind Vollgummi oder Kork keine Seltenheit. Achim Kurz: »Nach der Währungsreforrn 1948 war alles anders! Da gab’s plötzlich Schläger und Bälle in Hülle und Fülle!« Das erste Clubtumier der Nachkriegszeit findet an drei Tagen im Mai 1948 statt. Zu den Siegern gesellen sich neben den Tennisgrößen der 30er Jahre neue Namen und Angehörige der US-Besatzungsmacht. Interessant am Rande ist, daß es bis 1948 in den Berichten noch »Klub« heißt; erst 1949 wird daraus die Schreibweise »Club«. Clubmeister Nr. 1 der neuen Epoche ist 1948 der US-Offizier Mr. Stack, Leiter des Kriegsgefangenenlagers auf der Trappenhöhe, der im Endspiel Günther M. Bug 6:4, 6:3 besiegt. Finale im Damen-Einzel: Hilde Vogel - Fräulein Adam (6:0, 6:0). Sieger im Gemischten Doppel: Mabel Betz/Mr. Stack gegen Eva Rümelin/Rolf Rau. Das HerrenDoppel gewinnen Kurt Betz/Dr. Hans Ackermann gegen G. M. Bug/R. Rau. Gleichzeitig gibt’s 1948 wieder Heilbronner Stadtmeisterschaften, die zunächst ein zweites TC-Clubturnier sind, weil es noch an Gegnern mangelt. Im dramatischen Fün-Satz-Finale der Herren siegt Rolf Sigmund gegen Dr. Hans Ackermann (3:6, 3:6, Von links: Lore Pfleiderer, Fritz Wecker, Marie-Luise Kurz, Fritz Ackermann, Gerhard Pfleiderer, Eckehard Rauth, Konrad Heuss, kniend: Gabi Kurz. 18


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