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125 Jahre TC Heilbronn - Jubiläumszeitschrift

125 Jahre 1892 2017 Jubiläum – 125 Jahre TC Heilbronn Chronik J. Mertz, J. und P. O. Pfleiderer durch unverzinsliche Darlehen. Die Pflege des Nachwuchses wird 1919 ebenfalls verstärkt, ausgelöst durch eine Initiative der Konkurrenz. Als der Tennis-Klub Heilbronn hört, daß die Heilbronner Tennis-Gesellschaft für Mädchen und Buben von l4 bis l8 Jahren eine Jugendabteilung gegründet hat, zieht man Konsequenzen. Die wegen des früheren Schulverbots auf Kinder und Geschwister von Mitgliedern beschränkte Jugendabteilung wird für alle 15- bis 18jährigen geöffnet. In der Weimarer Republik wächst die Anlage auf die heutige Größe. Für zwei weitere Plätze wird 1926 ein benachbartes Grundstück gekauft; 150 Mitgliedern stehen damit sechs Plätze zur Verfügung. Zur Einweihung des Clubheims 1926 erscheint eine Postkarte, wie Max Rümelin von Vater Hans Rümelin weiß; das Gebäude steht an gleicher Stätte wie heute auf einer Anhöhe, von der man die gesamte Anlage überblicken kann. Zwei Baracken dienen als Umkleideräume, streng getrennt nach Männlein und Weiblein. Das Gesellschaftsleben wandelt sich in den »Goldenen 20er Jahren«‚ die vornehmen Treffs werden vom volkstümlichen Fasching abgelöst. Im Januar 1927 amüsieren sich die Tennisspieler bei einem »kostümierten Hausball« mit »Larvenzwang für Damen« in der Harmonie; Attraktionen sind ein Kabarett und ein Damenballett, dargeboten von Mitgliedern. Begeistert werden die »Hausbälle« jährlich in der Harmonie oder im Nekkar- Hotel wiederholt. Eine neue Idee blitzt in den 30er Jahren auf: die Tennisplätze werden in den kalten Winternächten mit Wasser besprüht. Auf der künstlichen Eisbahn trifft man sich gegen Bezahlung eines Eintrittspreises zum Schlittschuhlaufen; dazu gibt’s Kaffee und Kuchen im Clubhaus, eine Würstchenbude und sonntags Musik, zu der auf der Terrasse eine Kapelle aufspielt. Die künstliche Eisbahn ist besonders begehrt, wie sich Achim Kurz erinnert, weil sie im Gegensatz zum Eis auf dem Pfühl- oder Trappensee nicht einbrechen kann. NS-Zeit Nach der »Machtübernahme« durch Adolf Hitler 1933 erscheint auf der Anlage eine NS-Abordnung unter NSKKSturmführer Willy Schwarz, der alle Mitglieder antreten läßt; ab sofort sei der Tennisklub als Teil des NS-Reichsbundes für Leibesübungen eine Untergliederung der NSDAP, wird ihnen erklärt. Zweimal pro Woche müssen nachmittags jeweils drei Plätze für die Tennisabteilung der NS-Freizeitorganisation »Kraft durch Freude« zur Verfügung gestellt werden. Helmut Hasenwandel, Heilbronner Tennis-Altmeister, lernt bei »Kraft durch Freude« an der Bismarckstraße das Tennisspiel. Als l7jähriger schafft er das Kunststück, 1937 süddeutscher Jugendmeister im Tischtennis und württembergischer B-Jugendmeister im Tennis zu werden, Der heutige TCHler spielt damals noch für den TC Sonnenbrunnen; der 1924 von der Schützengilde gegründete Club ist seit Böckingens Eingemeindung 1933 vierter Tennisverein in Heilbronn. Unbestritten bleibt die Tennisanlage an der Bismarckstraße wegen ihrer Größe der »Centre Court« des Unterlandes. Durch die intemationalen Turniere unter Leitungvon Heinz Becker und Heinz Landerer ist Heilbronn weithin bekannt und beliebt. Einmal hätte es fast Ärger mit dem NSRegime gegeben, wenn, ja‚ wenn Tennisspieler nicht ein besonderer Zusammenhalt auszeichnete. Im Mittelpunkt steht die Tennis-Legende Rutger Graf Wrangel, der lange Zeit für den TC Weißenhof in Stuttgart um Punkte gespielt hat, aber seine eigentliche Heimat an der Bismarckstraße sieht. Der adelige Versicherungsdirektor, dessen Familie aus Schweden stammt, und Ehefrau Lilo Gräfin Wrangel gelten durch spielerisches Können und gesellschaftliches Auftreten als herausragende Persönlichkeiten. Von dem württembergischen Ranglistenspieler und Grandseigneur wird erzählt, daß er anno 1937 zu fortgeschrittener Stunde im Clubhaus zornig die auf dem Kaminsims stehende Büste Hitlers angestarrt habe. »Plötzlich stand er auf«‚ erinnert sich ein Zeitzeuge, »ergriff die Gipsbüste und schmetterte sie gegen die Wand, so daß sie in tausend Stücke zersprang.« Besorgt erörtert der Vorstand anderntags den Vorfall. »Wir schweigen das einfach tot«, lautet der weise Beschluß. Gesagt, getan, alle hüllen sich in Schweigen. Meistens zeichnen sich die Wrangels durch Charme und Schlagfertigkeit aus. Typisch ist jene Anekdote, daß Graf Wrangel bei einem Clubfest seinen Nachbarn gefragt habe, welchen Beruf er ausübe. Als dieser erklärt, er sei »Fotograf«, bedauert Graf Wrangel mit ernster Miene: »Da haben Sie Glück. Ich bin nur Graf.« Neben Spitzentennis blüht der Breitensport. Schmunzelnd erinnert sich Beate Drauz an das Turnier 1939 in Stuttgart, bei dem sie die Damen von der Bismarckstraße vertritt, weil sonst niemand Zeit hat: »Meine einzige Gegenspielerin fegte mich in Nullkommanix vom Platz und schenkte mir großzügig ein Spiel, Ellen Rümelin Greta Becker Das Clubhaus im Jahr 1927. 16


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