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125 Jahre TC Heilbronn - Jubiläumszeitschrift

125 Jahre 1892 2017 Das Gründungsjahr »Schwäbisches Wimbledon« anno 1892 Jubiläum – 125 Jahre TC Heilbronn Von Uwe Jacobi Heilbronn wird Ende des 19. Jahrhunderts als »schwäbisches Liverpool« gerühmt; mit 4657 Dampfmaschinen-PS entwickeln die Heilbronner Fabriken mehr Kräfte als die Stuttgarter Industrie. Nur wenige wissen, daß Heilbronn gleichzeitig die Rolle des »schwäbischen Wimbledon« spielt; 1892 wird nach englischem Vorbild in Heilbronn der erste Tennisclub im Königreich Württemberg gegründet. Der Lawn-Tennis-Club Heilbronn, wie sich der TC Heilbronn bis 1919 nennt, gilt auch auf deutscher Ebene als Pionier des weißen Sports; hinter Heidelberger TC (1890) und Harvestehuder THC (1891) gehört er zum Quartett der drittältesten Tennisclubs, die 1892 das englisehe Rasentennis einführen: TC Heilbronn, Rot-Weiss Köln, Iphitos München und Müllheimer TV. Durch einen Glücksfall kennt man heute fast alle Einzelheiten über die Anfange des TC Heilbronn. Unter den Akten der 1727 gegründeten Firma Rund hat Dr. Christian Mertz das »ProtocollBuch L.T.C.H.« gefunden. Die Initialen stehen für Lawn- Tennis-Club Heilbronn, dessen Geschichte 1892-1919 handschriftlich in zwei Teilen dokumentiert wird: Protokolle über die »ComiteSitzungen« ab der »XXI.« Zusammenkunft und eine Chronik als Anhang. Gründer und erster Vorsitzender des Tennisclubs ist der Heilbronner Kaufmann Walter Roman, dessen Vater Alfons Roman damals eine Großhandelsfirma in London besitzt. Bei einem Besuch in England hat Walter Roman das Lawn-Tennis kennengelernt. Nach der Heimkehr wirbt er im Freundeskreis für den neuen Sport der vornehmen Welt und findet Gleichgesinnte. Protokoll: »Mit Freuden wird das große Interesse wahrgenommen, welches dem Spiel seitens des hiesigen feinen Publikums entgegengebracht wird.« Die Chronik beginnt am 6. Juli 1892: »Gründuug des Clubs«. Gleich der zweite Eintrag vom 29. Juli offenbart, daß die spielfreudige Gesellschaft von Heilbronn auf Neuland wandelt: »Ankunft des Spiels.« Dabei handelt es sich mutmaßlich um eine Holzkiste der Firma French & Co, London, die alle für das Lawn-Tennis notwendigen Geräte enthält: zwei Rackets, mehrere Bälle, ein Netz und zwei Netzpfosten. French & Co liefert das Set damals geschäftstüchtig in alle Welt. Zur Premiere trifft man sich am 30. Juli 1892 auf dem Gelände der Firma Knorr. Plattgewalzte Schlacke aus der Werksheizung der Lebensmittelfabrik bildet den Untergrund für den ersten Heilbronner Tennisplatz. Daß Lawn-Tennis eigentlich für Rasen-Tennis steht, wird ebenso großzügig wie notgedrungen übersehen. Für das vornehme Weiß der Tennisgemeinde ist die schwarzgraue Schlacke natürlich ein Graus. Was die Vorfahren von Thurn, Hasenwandel & Co getragen haben, kann man auf historischen Bildern bestaunen: die Damen mit breitrandigen Hüten und bodenlangen Kleidern, unten weit und um die Taille à la Wespe, die Herren mit Strohhut, langen Hosen, Hosenträgern und langärmeligen Hemden. Schon nach kurzer Zeit schwingen 23 aktive Mitglieder auf dem Knorr-Platz das Racket. Für Verdienste um den Club werden zwei Honoratioren zu Ehrenmitgliedern ernannt: Fabrikant Alfred Knorr, Sponsor des ersten Platzes, und Großkaufmann Alfons Roman, der ein Grundstück an der Gartenstraße als neue Spielstätte zur Verfügung stellt. Der Abschluß der ersten Saison wird am 9. Oktober mit einer »photographischen Aufnahme« der hochverehrten Gesellschaft durch den Königlichen Hoffotografen Kohler gefeiert. Bei der Generalversammlung am 20. Dezember 1892 in der Harmonie zieht der Vorstand vor sieben Mitgliedern die finanzielle Bilanz der ersten Saison: nach Gesamtkosten von 400 Mark verbleibt ein »Cassabestand« von 100 Mark. Die Kosten für die Gestaltung des neuen Tennisplatzes werden auf 500 Mark geschätzt. Zur Finanzierung stiften die Anwesenden 390 Mark; außerdem wird der Einzug der Beiträge vom 1. Juli auf 1. April vorverlegt. Der Vorsitzende appelliert an die Mitglieder, so heißt es im Protokoll, »zur Förderung des Clubs in jede Richtung nach Kräften zu wirken und dazu beizutragen, daß auch die Zukunft des Clubs gesichert wird«. Zuschauer um 1908, neben dem damaligen Platz 4. Johanna Rümelin. 10


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